Alex, Eco

10 Gründe, warum ich mit dem Zug fahre

Bis vor gar nicht so langer Zeit bin ich so gut wie nie mit dem Zug gefahren. Alles, was mit dem Auto erträglich war, bin ich damit gefahren, die anderen Strecken habe ich per Flugzeug zurückgelegt. Seit jedoch Zeit die wichtigste und auch knappste Ressource in meinem Leben ist und ich mich auch sehr für die Auswirkungen meiner Entscheidungen für die Umwelt interessiere, hat sich das Blatt gewandt. In diesem Artikel geht es ausnahmsweise mal nicht um ein faires Outfit (oder irgendwie schon, aber nicht so vordergründig wie sonst), sondern um 10 Gründe, warum ich Zug fahre und 5 Dinge, die beim Zugfahren an sich noch verbessert werden sollten, um noch viel mehr Leute davon zu begeistern. 

Starten wir mal mit meinen 10 Reasons why:

1. Umwelt

Ja, wie könnte es anders sein auf einem veganen Blog, erste Reihe fußfrei für das Thema Nachhaltigkeit. Nimmt man beispielsweise die Strecke Wien-München her, verbraucht ein Flug 326 kg, ein durchschnittlich neu zugelassenes Auto 104 kg und eine Zugfahrt nur 32 kg (Hin- und Rückreise) CO2. Alle Zahlen hängen natürlich davon ab, wie voll das Flugzeug, das Auto oder der Zug sind. Einer Statistik der Statistik Austria zufolge ist die Besetzung von österreichischen PKWs durchschnittlich bei 1,07 Personen, das verbessert die 104kg also nur marginal. Zugstrecken zu erbauen ist klarerweise ebenfalls eine Umweltbelastung, die sich aber bei reger Nutzung leicht amortisiert.

2. Gepäck

Ich liebe es, mein ganzes Zeug bei mir zu haben und nie überlegen zu müssen, was ich während der Reise brauchen könnte. Ich kann 3 Liter Wasser, 4 verschiedene Sonnencremes, 5 Duschgels und 2 Bier in meinen Freitag Victor packen und keiner kann mir was. Außerdem verschwindet mein Gepäck niemals auf wundersame Weise und muss dann durch 32 Mails, 18 Anrufe und 11 Scans von Ticket, Reisepass und anderen Dokumenten zurückerobert werden. Wahre Schmach droht dem, der den Koffer beschädigt oder nie mehr zurückbekommt. 45 Scans von Rechnungen der enthaltenen Gegenstände (wer hat die noch? Anyone?) oder eine vier Wochen andauernde Kofferreparatur später (Rücküberweisung der entstandenen Kosten nicht eingerechnet) ist man dann wohl kein Fan vom Luftverkehr mehr. Oh good Lord.

3. Zeit

Gehen wir wieder von einer Reise von Wien nach München aus. Für mich relevant ist aber nicht die totale Zeit, sondern die Zeit, die ich wirklich produktiv nutzen kann (dazu auch mehr im folgenden Punkt).
Wer mit dem Flieger unterwegs ist braucht 55 Minuten. Zum Flughafen fährt man in den meisten Städten (so auch in Wien) ca. 30 Minuten mit dem Auto oder einem anderen Verkehrsmittel, am Zielort wird diese Strecke ebenfalls zurückgelegt. Weiters ist zumindest der Online Check-in erforderlich, falls man Gepäck hat muss dieses noch aufgegeben werden. Viele Reisende möchten schon zwei Stunden vor Abflug vor Ort sein, aber gehen wir hier vor ca. einer Stunde aus und rechnen nochmals 30 Minuten ein, um am Zielort den Koffer abzuholen und zum Verkehrsmittel zur Innenstadt zu gelangen. Wegen des Startens und Landens kann man nur einen Bruchteil der Flugzeit nutzen. Flugzeug: Reisezeit 3h 30min; genutzte Zeit 40min.
Mit dem Auto kann man von überall wegfahren, eine Anreise zum Verkehrsmittel ist also nicht nötig. Baustellen oder andere Hindernisse werden hier außer Acht gelassen. Da die meisten Fahrer alleine fahren und auch ich oft alleine von A nach B fahre, gehe ich hier vom Fahrer aus. Auto: Reisezeit 4h 30min; genutzte Zeit 0min.
Bahnhöfe befinden sich meist mitten in der Stadt, gehen wir also von einer Anreise zum Bahnhof von 20 Minuten aus, diese kann deutlich kürzer oder länger sein. Die Zugfahrt von Wien nach München mit einer schnellen Verbindung dauert ca. 4 Stunden. Zug: Reisezeit 4h 40min; genutzte Zeit 4h.

4. Produktivität

Im Zug kann ich, ganz im Gegenteil zu Auto oder Flugzeug einfach einsteigen und sofort das tun, was ich will. Es gibt oft WLAN (in Deutschland meiner Erfahrung nach immer, in Österreich meist auch). Außerdem genießt man noch den normalen Handyempfang, der seit 15. Juni ja auch in der restlichen EU und nicht nur im eigenen Land nutzbar ist. Es gibt ein Restaurant, das man jederzeit besuchen kann und – mit etwas Glück oder Reservierung – richtige Tische. Meist kann ich im Zug vergleichbar viel arbeiten wie im Büro oder sonst wo, was mich die fürs Zugfahren aufgewandte Zeit äußerst produktiv nutzen lässt.

5. Platz

Ich habe bereits die richtig praktischen Tische genannt, doch selbst wer nicht in den Genuss dieses Vorteils kommt, hat selbst in der günstigsten Klasse im Zug viel mehr Beinfreiheit als im Flieger. Ich bin zwar keine zwei Meter groß, merke den Unterschied jedoch deutlich.

6. Erreichbarkeit

Schon mal mit dem Flugzeug nach Afterbach, Fucking oder Poppendorf geflogen? You get the vibe.

7. Sicherheit

Das mag nur ein subjektives Gefühl sein und es ist statistisch gesehen wohl mindestens so sicher zu fliegen, wie mit dem Zug zu fahren, vor allem dem Auto gegenüber bin ich mir jedoch bei 6-, 7- oder mehrstündigen Fahrten im Zug auch bei extremer Müdigkeit noch sicher, dass ich im Ganzen an meinem Ziel ankommen werde.

8. Genuss

Ich persönlich mag lange Autofahrten und fahre sehr gerne Auto. Was mich jedoch dabei stört ist, dass ich während des fahrens nichts tun kann. Der fotogenste Sonnenuntergang seit der Bronzezeit beleuchtet die Alpen? Guess who will not post this on Instagram. Ein weiterer Nachteil des Autos liegt für mich darin, dass vor Ort meist Kosten und Zeitaufwand dafür entstehen, das Auto zu parken. Im Flugzeug bin ich zwar meist einfach aufgeregt und freue mich auf die Reise, finde jedoch die Erfahrung an sich mit An- und Abreise recht stressig. Im Zug entspanne ich mich völlig und kann auch einem meiner liebsten Hobbies, dem fotografieren, nachgehen. I don’t like it, I love it!

9. Zuverlässigkeit

Der Zug steht nie im Stau und ist so gut wie nie wetterbedingt außer Betrieb. Die geplante Fahrzeit kann in fast allen Fällen eingehalten werden.

10. Essen

Ich liebe es, dass ich im Zug mein eigens mitgebrachtes Essen genießen kann. Zugegebenermaßen gibt es in den Restaurants der ÖBB auch veganes Essen und Snacks, billiger und für mich noch besser ist aber das, was ich mir selbst vorkoche oder herrichte.

 

 

5 Dinge, die Zugfahren noch viel attraktiver machen würden:

1. Transparenz

Einen günstigen Flug zu buchen ist heutzutage keine Raketenwissenschaft mehr, wenn man Preisunterschiede von Mac- zu Windows-Endgeräten und andere Späße der Seitenbetreiber mal weglässt. Zumindest fallen einem auf die Schnelle mehrere Vergleichsportale ein, bei denen man recht einfach einiges sparen kann. Ähnliche Services gibt es auch für Züge, aber kennt sie irgendjemand? Weiters gibt es hier erhebliche Probleme bei der Abbildung der Preise weil z.B. die ÖBB nicht so einfach auf Daten für reine Auslandsreisen zugreifen kann. Die Buchungsportale der Bahnen selbst sind meist alles andere als benutzerfreundlich, das kann so ziemlich jede Fluglinie besser!

2. Kosten

Zugfahren ist oft viel teurer als zu zweit mit dem Auto unterwegs zu sein oder zu fliegen – das ist zumindest das Image der Bahn. Vor allem Nachtzüge mit Schlafabteil sind sehr kostspielig. Klar wird beim Flugpreis oft auf die 20, 30+ € pro Strecke vergessen, die der Transfer zum und vom Flughafen kostet (an beiden Destinationen), dennoch liegt man hier schnell mal unter dem Preis für ein Zugticket. Wer günstig Zugfahren will sollte sich eine Vorteilskarte der Deutschen Bahn oder ÖBB (je nachdem wo ihr wohnt) holen, damit habe ich schon richtig viel gespart. Außerdem immer schön früh buchen. Hier sind wir auch wieder beim Thema Transparenz. Sobald diese Möglichkeiten noch viel besser und kundenorientierter in den Buchungsprozess eingebaut werden, wird sich das Kosten-Image des Zugs schnell wandeln.

3. Coolness

Klingt oberflächlich, ist aber ein relevanter Faktor, um Zugfahren gesellschaftlich beliebter zu machen. „Zugfahren ist was für Omas und Ökos“ habe ich letztens jemanden in der U-Bahn sagen hören und diese Person ist bestimmt nicht alleine mit ihrer Meinung. WLAN in allen Zügen ist schon ein Schritt in die richtige Richtung (wenn auch noch nicht komplett realisiert). Ich hätte da noch die ein oder andere Idee, wie man die Bahn fresher machen könnte. ÖBB-Management, hit me up!

4. Anbindung

München-Berlin dauert aktuell noch ca. 7 Stunden, ab Dezember durch die neue Strecke durch den Thüringer Wald nur mehr 4 Stunden. Ausbauten wie diese machen die Zugverbindung deutlich attraktiver, vor allem weil kein Umstieg mehr nötig ist.

5. Wettbewerb

In Österreich hat man gesehen, dass Konkurrenzunternehmen aus dem privaten Bereich wie die Westbahn den staatlichen oder staatsnahen Betrieben ordentlich Dampf machen können, was Services und Preisgestaltung betrifft. In vieler Hinsicht war Westbahn fahren nach dem Marktsstart des Quereinsteigers angenehmer und günstiger als mit der ÖBB. Nach dem auftreten der Westbahn hat sich auch bei den Bundesbahnen deutlich was getan, was ohne dem Konkurrenzdruck sicher nie so schnell passiert wäre.

Lasst mich wissen, was ihr gerne am Zugfahren verbessern würdet oder welchen meiner Punkte ihr zustimmt.

 


Outfit-Details:

Egal ob ich gerade im Zug unterwegs bin oder einfach nur am Fahrrad: Mein neuer Freitag Victor ist einfach immer dabei. Alles, einfach alles, was ich im Alltag brauche findet perfekt seinen Platz (dank vieler versteckter Fächer). Außerdem ist das Teil unverwüstbar, wasserfest und sieht echt schnittig aus. Schon als Kind fand ich Wendekleidung immer richtig cool, weil ich da zwei Teile in einem hatte. Viele Jahre habe ich die Magie der 2-in-1 Mode aus den Augen verloren, bis dieses Langarmshirt von Maas Natur auf den Plan trat. Cool, oder?

 

 


WHAT I WEAR (jedes Teil ist vegan und wurde unter fairen Bedingungen produziert): Shirt Maas Natur // Hose ARMEDANGELS // Rucksack FREITAG // Schuhe Ethletic

Previous Post Next Post

You Might Also Like

6 Comments

  • Reply Lary 7. Juli 2017 at 12:25 pm

    Ich fahre auch gerne und oft Zug. Buche seit einiger Zeit auch immer Ökostrom und so. Es gibt aber auch viele Nachteile. ich war lange am Pendeln und bin auch mit dem Zug in den Urlaub gefahren und ich hatte so gut wie immer verspätete Züge. Außerdem ist das Reisen mit Hund unpraktisch und extrem teuer. Wenn ich alleine reise nehme ich aber immer den Zug.

  • Reply Bettina 29. Juni 2017 at 12:31 pm

    Hallo Justine und Alex,
    ich bin auch ein absoluter Zugfan. Auto fahre ich zwar gern, aber bei einer längeren Strecke ist das ermüdend und nervig und wirklich ungenützte Zeit! Und beim Flugzeug gibt es diese Turbulenzen …
    Was man verbessern könnte ( bezogen auf die Dt Bahn): die Pünktlichkeit, vor allem bei Umsteigeverbindungen, und das Bewusstsein der Mitarbeiter, dass sie seit vielen Jahren in einem Dienstleistungsunternehmen arbeiten u nicht mehr in einem Staatsbetrieb. Hier mal beim TGV abschauen ! Wohingegen das Essen im Bordrestaurant inzwischen richtig lecker sein kann ..
    Ich war auch ein großer Fan des Nachtzuges Paris-Berlin, welcher leider kaum noch fährt. Keine Nachfrage .. dabei hätte man die Attraktivität einfach durch ein mitfahrendes Bordrestaurant steigern können.
    Letzter Vorschlag: ein europaweites Buchungsportal für alle Züge, egal,ob ICE, TGV oder Thalys.

  • Reply Natürlich Schöner 28. Juni 2017 at 8:06 pm

    Toller Beitrag und ich sehe vieles ganz genauso. Ich musste letztens dienstlich von Köln nach Berlin. Natürlich hätte ich auch fliegen können, aber wie du schon geschrieben hast, der Zeitaufwand nimmt sich nicht so viel, weil die Anreise zum Flughafen für mich deutlich weiter ist als bis zum Hauptbahnhof. Und wie du schon geschrieben hast, kann man die Zeit im Zug super nutzen. Ich machen dann oft Sachen, für die ich im Alltag häufig zu wenig Zeit finde, z.B. Zeitschriften lesen usw.

    Außerdem bin ich mit der Bahn viel flexibler, zumindest wenn ich ein Flexticket buche. Wenn also der Termin deutlich früher zu Ende ist, als ursprünglich geplant, muss ich ewig auf den Flieger warten. Beim Zug kann ich einfach einen früher zurück nehmen.

    LG Michaela

    • Reply Alex 28. Juni 2017 at 10:00 pm

      Hallo Michaela, ja stimmt, das mit der Flexibilität ist ein super Punkt, den ich gar nicht erwähnt habe, danke dafür 🙂 Freut mich, dass Du auch gerne Zug fährst! Liebe Grüße

  • Reply Mia 27. Juni 2017 at 10:12 pm

    Toller Beitrag! Ich stimme dir voll zu! Es ist schon krass, wie viel billiger manchmal Flüge sind, als eine ähnlich lange Zugfahrt. Klar, dass dann viele eher das Flugzeug nehmen…Und dass das Streckennetz nicht besser ausgebaut ist, mit weniger Umsteigen, einfacheren Verbindungen innerhalb Europas, schnelleren Zügen etc, nervt mich auch immer noch. Die Technik ist ja da! Aber ich freue mich schon sehr, auf den neuen Fahrplan ab Dezember, da München-Berlin dann echt flott geht.
    Ansonsten stimme ich dir mit den oben genannten Punkten zu, besonders der Produktivität – ich schaffe sehr viel im Zug 🙂

    • Reply Alex 28. Juni 2017 at 8:17 am

      Hey Mia,
      ja absolut, deshalb muss die Bahn attraktiv sein, auch wenn man noch nicht so nachhaltig denkt. Bin auch schon gespannt auf München-Berlin. Danke für Dein Kommentar, wir sehen uns sehr bald 🙂

    Kommentar verfassen