Blick hinter die Kulissen, Eco, Fair Fashion Outfits, Ökofaire Mode, Werbung

Who made my clothes? Mit Grüne Erde einen Blick hinter die Kulissen der Leinenweberei Vieböck in Österreich werfen

Ich durfte mit Grüne Erde einen Blick hinter die Kulissen der Leinenweberei Vieböck in Helfenberg werfen. Das ist ein kleiner Ort im Mühlviertel in Oberösterreich. Ich hatte erwartet, dass es ein interessanter Tag wird, aber dass es so spannend wird, hätte ich nicht gedacht. Der Besitzer, Herr Kobler, hat uns jede klitzekleine Frage beantwortet und uns genau erklärt, wie das denn nun funktioniert, mit der Leinenweberei. Außerdem habe ich gefragt: Who Made My Clothes? Aber alles der Reihe nach. 

Grüne Erde ist ein Traditionsunternehmen aus Österreich, das seit vielen Jahrzehnten nachhaltige Möbel und Heimtextilien herstellt. Begonnen hat alles mit einer Matratze, weiter ging es mit Bettdecken, Möbeln, Naturkosmetik und seit neun Jahren gibt es nun auch faire Eco-Mode bei Grüne Erde. Das Unternehmen setzt vor allem auf Rohstoffe aus Europa und Betrieben aus der Region. Jedoch unterstützt Grüne Erde beispielsweise auch die BioRe Stiftung des Schweizer Lieferanten REMEI. Dieser sendet Baumwollsamen nach Tansania und Indien, um sicherzustellen, dass keine genmanipulierte Baumwolle angebaut wird. Vor Ort werden die Bauern und Bäuerinnen medizinisch versorgt, beim Anbau begleitet, auch bezahlt, wenn die Ernte noch gar nicht reif ist, und vieles mehr. Soziale Fairness, Ökologie, Nachhaltigkeit und Transparenz werden hier in allen Bereichen groß geschrieben. Daher wählt Grüne Erde seine Partner sehr bedacht aus, unter der Berücksichtigung der Wahrung der Menschenrechte in den jeweiligen Ländern. China wird daher zB. nicht als Partnerland eingesetzt. Grüne Erde setzt fast ausschließlich auf Naturfasern, macht jedoch eine Ausnahme bei Produkten, die auf Grund ihrer Funktion Elasthan benötigen wie z.B. Unterwäsche und Sportbekleidung. So kann die Funktionalität der Kleidung gewährleistet werden. Die Grüne Erde arbeitet bereits parallel mit Lieferanten an Alternativen, um den Elasthananteil zu minimieren.

Kommen wir zurück zum Ort des Geschehens beziehungsweise zum Ursprung des Leinens. Vieböck ist ebenfalls ein Traditionsunternehmen, das bereits seit 187 Jahren besteht und ein langjähriger Partner von Grüne Erde ist. Seit 1948 besteht der Betrieb in genau diesem Häuserkomplex im kleinen Örtchen Helfenberg. Herr Kobler war 20 Jahre lang ein Mitarbeiter des Unternehmens und hat Vieböck dann 2007 gekauft und übernommen. Man merkt, dass Leinen seine Leidenschaft ist und dass er das liebt, was er tut! 

„Leinen kommt aus der Natur und kann auch wieder dorthin zurück. Ein Leinenteil von Vieböck bzw. Grüne Erde kann, wenn es irgendwann seinen Dienst getan hat, wieder zurück in die Natur und als Kompost eingesetzt werden.“

Wie aus Flachs Leinen wird

Leinen wird erst zu Leinen, nachdem es in der Spinnerei war. Vorher heißt es Flachs. Der schönste und beste Flachs wächst in Holland, Frankreich und Belgien. Dort sind die Bedingungen ideal, damit er schön hoch wachsen kann. Es tut ihm gut, in der Nähe des Meeres zu gedeihen. In Frankreich wird der Flachs im März angebaut und nach drei Monaten geerntet. Das Klima schwankt in dieser Zeit kaum. Wenn der Flachs soweit ist, wird er nicht abgemäht, sondern aus dem Boden rausgezogen. Dann wird er zur Seite gelegt. Nach sieben Tagen wird er auf die andere Seite gelegt, damit auch diese Bast-Teile verrotten können. Nun kommen die Stängel in die Schwingerei. Dort werden die Fasern von den Stängeln gelöst. Nur die Fasern werden für die Leinenfäden verwendet. Schön finde ich, dass die Flachspflanze komplett verwendet wird. Aus den Stängeln wird nämlich Dämmateriel gemacht oder Einstreue für Pferde. Das Dämmmaterial ist besonders hochwertig, denn es reguliert das Raumklima und ist schalldämmend. 
Übrigens tut der Flachsanbau den Böden total gut. Da der Flachs rausgezogen und nicht abgemäht wird, entstehen Löcher, der Boden wird gelockert und kann wieder atmen. Es empfiehlt sich, alle sieben Jahre Flachs anzubauen, weil es dem Boden so gut tut. Beim intensiven Flachsanbau wird der Flachs 1x pro Jahr angebaut. Die restlichen Monate über werden andere Gewächse angebaut. Der Flachs wird dann zu den Spinnereien geliefert. Diese machen das Leinengarn daraus und liefern diesen an Webereien wie Vieböck.

Bis aus dem Flachs ein fertiges Kleidungsstück aus Leinenstoff wird, sind 100-200 Arbeitsschritte notwendig!

Der Vorteil von Leinen ist, dass die Pflanze nicht extra bewässert werden muss und allein durch natürlichen Niederschlag prächtig gedeiht. Es müssen keinerlei Pestizide eingesetzt werden und abgesehen davon fällt auch eine Textilveredelung mit haufenweise Chemie oder Kunstharz weg. Das ist bei vielen konventionellen Textilveredlern bzw. bei vielen Stoffen Standard. Achtsam angebautes und verarbeitetes Leinen braucht nur eine mechanische Veredelung, dann fällt es sehr schön.

Vom Garn zum fertigen Leinenstoff

Vieböck erhält seine Fäden, aufgerollt auf Spulen, von europäischen Spinnereien. Es werden Fäden von Nummer metrisch 5 bis Nummer metrisch 39 verarbeitet. Die Ziffer gibt die Stärke an. 39 ist so fein, dass man es fast nicht mehr sehen kann. Die Zahl sagt aus, wie viele Kilometer Faden auf einem Kilogramm Garn stecken. Nummer metrisch 39 Fäden sind also 39km lang. Wahnsinn, oder?
Es können also ganz zarte Stoffe aus Fäden entstehen, die sehr fein sind, aber auch stärkere Stoffe für Handtücher oder schwere Vorhänge aus dickeren Fäden. Die Rolle, die Herr Kobler in der Hand hält, ist eine Nummer 10. Übrigens zeigt das Leinenhemd, das er trägt, die typische Leinenfarbe. So sieht Leinen ungefärbt aus.

Die Spulen werden dann auf das Schärgatter gesteckt und vom Schärgatter laufen sie nach vorne und werden auf die Schärtrommel aufgewickelt.

Danach werden die Fäden auf Walzen aufgewickelt. Das sind riesige Rollen, die hier hinten auf der Webmaschine sind. Das sind die Längsfäden und die Webmaschine bringt dann die Querfäden hinein und macht aus all dem Garn Stoff. Schaut mal auf dem Foto: Das sind alles einzelne Fäden!

Wichtig: Die Verarbeitung bei Vieböck passiert ohne jeden Zusatz. Leinenfäden werden in vielen Betrieben extra geschlichtet (in Kartoffelstärke getaucht). Vieböck benutzt lediglich eine Befeuchtungsanlage, um die Garne geschmeidiger zu machen.

Je nachdem, wie stark der Faden ist, laufen unterschiedlich viele Längsfäden über die Webmaschine. Wenn es sehr dünne Fäden sind, können es bei einer Stoffbreite von 150cm bis zu 5000 Fäden nebeneinander sein. Jeder Längsfaden hat sein eigenes Metallteilchen, den sogenannten „Wächter“. Da Leinen nicht sehr elastisch ist, kommt es immer wieder vor, dass während dem Webprozess ein Faden abreißt. Dann fällt das dazugehörige Metallteilchen auf eine Steuerschiene und die Maschine stoppt. Fadenbrüche sind jedoch nicht weiter schlimm. Es wird ein neuer Faden angeknüpft und die kleine Unreinheit wird später in der Warenkontrolle ausgebessert.

Auf der vorderen Seite der Maschine kommt dann der fertige Stoff raus und wird ebenfalls aufgerollt. Nachdem die Maschine 50 Meter gewebt hat, wird der Stoff abgetrennt und kommt in die Kontrolle.

Wenn die Maschine fertig ist oder es ein technisches Problem gibt, dann signalisiert sie das über die verschiedenen Farben an der Lampe. Einfach und effektiv!

Damit die Webmaschine weiß, welches Muster sie in den Stoff weben soll, gibt ihr eine sogenannte Lochkarte Anweisungen. Diese Karte steuert die Bewegung der Schäfte. Es gibt nur eine einzige Maschine bei Vieböck, die digital gesteuert wird. Die Maschinen, die mit Lochkarte funktionieren, sind sowas wie „der Mercedes unter den Webmaschinen“, die werden einfach nicht kaputt. Sie sind teilweise schon über 50 Jahre alt und sind konstruiert, um noch weitere 50 Jahre zu halten. Sie sind nur minimal langsamer, als die moderne Maschine. Es würde sich also einfach nicht lohnen, die Maschinen auszutauschen. Aktuell bietet Vieböck 900 verschiedene Muster an!

Ein technischer Fortschritt, für den die Weberei sehr dankbar ist, ist die Möglichkeit, Muster am PC zu designen und so Gewebebilder zu erstellen. Das hat früher viel mehr Zeit gekostet, denn jedes Muster musste von der Maschine ausprobiert werden. Heute macht man das digital und das Design vom PC wird dann ganz einfach auf Lochkarten übersetzt.

Ich finde es total schön, dass in dem Fall die Modernisierung im Einklang mit den alten Maschinen funktioniert.

Ist das Muster nicht wunderschön?

Der Stoff kommt anschließend sofort zur Warenkontrolle. Hier wird jeder Zentimeter kontrolliert und etwaige Fehler werden ausgebessert.

Sobald die Stoffe kontrolliert wurden, werden sie entweder an die Partner versendet, oder kommen in die Näherei. Vieböck stellt Heimtextilien her, aber keine Mode. Für die Stoffe der Modeabteilung von Grüne Erde ging es also nach Tschechien in eine Näherei – ein Partnerbetrieb von Grüne Erde. Auf Grund der langjährigen Beziehung im Bereich Heimtextilien ist der Kontakt zu Mode entstanden.

Verschiedene Heimtextilien, eben unter anderem auch für Grüne Erde, werden in der hauseigenen Schneiderei produziert. Hier entstehen zum Beispiel Brotsäcke, Geschirrtücher, Handtücher und vieles mehr!

Kaum zu glauben, aber wahr: Mit nur 20 Mitarbeiter*innen produziert Herr Kobler pro Jahr 80.000 Meter Stoff aus 20 Tonnen Garn. Und dabei ist Vieböck noch nicht einmal voll ausgelastet. Zeitlich wäre noch Luft nach oben, indem man eine dritte Schicht in der Nacht dazu nimmt. Aktuell hat Vieböck 1500 Handelspartner. Von der kleinen Näherin, die zwei Meter Stoff einkauft, bis zu großen Partner*innen, wie Grüne Erde. Die Partnerschaft mit Grüne Erde besteht seit über 30 Jahren!

Wir haben Herrn Kobler auch gefragt, wie denn die Zukunft der Weber als Beruf aussieht. Aktuell gibt es nur einen einzigen Lehrling und die Nachfrage, diesen Beruf zu erlernen, geht zurück. Jedoch gibt es immer wieder Quereinsteiger, die neu angelernt werden.

Die Stoffe von Vieböck sind GOTS zertifiziert. Einmal im Jahr wird kontrolliert, ob das Unternehmen und die Mitarbeiter*innen alle GOTS Anforderungen erfüllen. Es gibt strenge Personalvorschriften und es ist relativ zeitintensiv, alle Mitarbeiter*innen so zu schulen, dass sie wissen, wie man mit GOTS-Ware umgeht. Gut zu wissen: Die Kollektivverträge in Österreich sind im Großen und Ganzen GOTS konform und decken die Vorschriften von GOTS zu 99% ab. 

Während die Partnerschaft mit Vieböck im Bereich der Heimtextilien bereits seit über 30 Jahren besteht, kooperiert die Modeabteilung von Grüne Erde erst seit letztem Jahr mit der Weberei. Die erste Ladung Stoff hat Herr Kobler höchstpersönlich nach Tschechien gebracht, weil es ihm wichtig ist, genau zu wissen, wo seine Stoffe verarbeitet werden.

Sommerliches Leinenkleid von Grüne Erde

Ich trage hier ein wunderschönes Leinenkleid aus Leinenstoff, gewebt von Vieböck. Ich habe sogar gesehen, wie genau dieser Stoff in einer anderen Farbe gewebt wurde. Leinen ist einer meiner absolut liebsten Sommerstoffe. Er ist kühlend und fühlt sich auf der Haut einfach sooo angenehm an. 

 

Ich trage das Leinenkleid aus 100% Leinen und vegane Sneakers von Ethletic via Grüne Erde.

„Who made my clothes?“

– I made your clothes.

Der Blick hinter die Kulissen der Leinenweberei hat mir so viel bedeutet. Zu sehen, wie aus Garn Stoff wird und wie traditionell dort gearbeitet wird, fand ich wunderschön. Danke an Grüne Erde und Herrn Kobler für das super interessante Erlebnis!

 

Werbung: In Zusammenarbeit mit Grüne Erde

 

 

 

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6 Comments

  • Reply Herrat Boström 29. April 2019 at 7:55 pm

    sehr schön…

  • Reply Harald Ettl 27. April 2019 at 2:54 am

    Schön noch so etwas zu lesen! Harald Ettl, Textil-Ing. ehem. BM für Gesundheit.

    • Reply Justine 29. April 2019 at 10:33 am

      Danke dir für dein Feedback Harald 🙂 Es war eine so schöne Erfahrung! Liebe Grüße, Justine

  • Reply Frieda 4. April 2019 at 1:33 pm

    Sehr interessanter Beitrag, vielen Dank fürs Teilen. Mit dem Wissen werde ich meine geliebte Leinenhose von Grüne Erde (die im übrigen schon 5 Jahre alt ist und immernoch aussieht wie in ihrem ersten Sommer!) gleich noch lieber tragen. 🙂

    • Reply Justine 5. April 2019 at 10:36 am

      Hi liebe Frieda, danke dir für dein liebes Feedback und woooow! Cool, dass du die Hose schon so lange hast und trägst 🙂
      Liebe Grüße,
      Justine

  • Reply Dorie 2. April 2019 at 1:28 pm

    Super interessant, toll, dass es solche Webereien noch gibt. Ich hoffe, dass sie noch länger Bestand haben 🙂
    Liebe Grüße
    Dorie von http://www.thedorie.com

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