Brainfood, Fact Friday

#FactFriday: Was du über Kreuzfahrtschiffe wissen solltest

362 Meter, 2759 Kabinen, mehr als 6000 Gäste, 20 Bars und Restaurants. Suites, die bis zu 125m2 groß sind, die längste Rutsche auf einem Schiff überhaupt, der „Central Park“ fungiert als gigantischer Innenhof. Das sind nur einige der Eckdaten des größten Kreuzfahrtschiffs der Welt. So ein Schiff muss erstmal bewegt werden. Antrieb? Schweröl. Stromversorgung? Dieselaggregat. Umweltbelastung? Gigantisch. 

Kreuzfahrtschiffe brauchen so viel Energie wie eine Kleinstadt

Jede Einrichtung an Board, jedes Unterhaltungsprogramm, ja alleine die Zimmer zu klimatisieren und mit Strom zu versorgen, benötigt unglaubliche Mengen an Energie. Legt das Schiff an, wird es nur in den allerwenigsten Fällen an die Landstromanlage angeschlossen, weil die Schiffe nicht mit kompatiblen Steckern ausgestattet sind. Es läuft also permanent ein Dieselaggregat, das den Strom erzeugt. Warum ändert man das nicht? Ganz einfach: Strom aus dem Dieselaggregat ist billiger als der, der aus der Landstromanlage kommen würde. 

Die 15 größten Schiffe der Welt verursachen so viel Schadstoffausstoß wie 750 Millionen Autos

Alle großen Schiffe, egal ob Schwertransporter oder Kreuzfahrtschiff, haben jedoch eines gemeinsam: Sie werden mit Schweröl betrieben. Schweröl ist der dreckigste Treibstoff, den es überhaupt gibt. Er fällt bei der Herstellung von Diesel und Benzin ab. Die Schiffe sind also durch die Meere schippernde Verbrennungsstationen für Schweröl, wenn man so möchte. Ein einziges Frachtschiff verbraucht am Tag 200 Tonnen Schweröl. Eigentlich müssen die Überreste an Land entsorgt werden, wobei die Entsorgung Geld kostet. Immer wieder wird klar, dass die Abfälle einfach am offenen Meer abgelassen werden, weil unmöglich zu kontrollieren ist, woher die Abfälle kamen und wer sie abgelassen hat. 150.000 Tonnen Rohöl gelangen jedes Jahr in die Meere.
Rußpartikelfilter, die den Ausstoß drastisch reduzieren könnten, werden aus Kostengründen kaum bis gar nicht verbaut, die Rußpartikel werden also bis in die Arktis geweht und setzen sich dort auf dem Eis ab. Dadurch schmelzen befallene Stellen wesentlich schneller ab. Nicht mal bei Fahrten in die Arktis selbst wird auf Rußpartikelfilter geachtet.

Der Ausstoß eines gängigen Kreuzfahrtschiffes wird mit dem Ausstoß von 5 Millionen PKW verglichen. Die Umweltbelastung einer einzigen Mittelmeerkreuzfahrt ist also viel, viel höher als würden alle Passagiere diesen Weg mit dem Auto zurücklegen. Rein hypothetisch natürlich!

Auf einem Schiff mit 3.500 Menschen an Bord kommt pro Woche umgerechnet etwa eine volle Lkw-Ladung Essensabfall zusammen

Natürlich werden auch Lebensmittelreste und alles, was sonst so anfällt, meistens ganz einfach im Meer entsorgt. Es ist komplett verrückt, was da an Müll-Mengen zusammen kommt! „Die ins Meer geleiteten Lebensmittelabfälle sind per se zwar nicht giftig, aber die schiere Menge wirkt wie Gift, weil das Meer überdüngt wird“, sagt Sönke Diesener (Referent für Verkehrspolitik bei NABU – Umweltschutzorganisation „Naturschutzbund Deutschland“). Das führt dann wiederum zu Algenwachstum und Sauerstoffmangel im Wasser. Übrigens einer der Gründe, warum man Enten nicht füttern sollte. Denn was da im großen Rahmen im Meer passiert, passiert in kleinem Rahmen in Seen und Flüssen bei uns.

Die Schiffe sind dort gemeldet, wo die Angestellten wenig Rechte haben und Steuern billig sind

Sobald Kreuzfahrtschiffe unter gewisser Flagge (z.B. Malta) fahren, sparen die Betreiber hunderte Millionen an Steuern, ähnlich wie diverse Großkonzerne die Steuern in der EU durch andere Tricks umgehen. Hinzu kommt, dass die Reiseanbieter nicht wie in den bereisten Gebieten üblich entlohnen müssen, sondern wie in dem Land, in dem das Schiff seine Flagge hat. Das führt natürlich auch zu untragbaren Arbeitszeiten und -bedingungen für den Großteil des Personals.
Es gibt einen Mindestkodex für die Arbeitsbedingungen bei der Kreuzfahrt, der allgemein gilt, aber immer noch Arbeitszeiten von 14 Stunden pro Tag erlaubt. Auf Transportschiffen arbeiten Matrosen oft doppelt so lange, wie in den Ländern, für die die Ware bestimmt ist, üblich und das für sehr niedrige Löhne.

Die Gäste an Board (natürlich auch besonders das Personal!) sind unglaublichen Lungenbelastungen ausgesetzt, wenn sie sich den Schornsteinen nähern. Das gleiche gilt auch für die Menschen an Land, wenn Kreuzfahrtschiffe ablegen. Die Weltgesundheitsorganisation spricht von alleine 50.000 vorzeitigen Todesfällen in Europa aufgrund dieser Belastung.

Auf offener See gelten andere Umweltvorschriften als an Land

Ein Dieselauto ohne Katalysator und Rußpartikelfilter? No way. Ein Schiff mit 6000 Gästen ohne Katalysator und Rußpartikelfilter? Völlig legal. Ja, es gibt Pläne, neue Schiffe auf den Gasbetrieb umzustellen. Einerseits wäre hier ein Thema, dass das Gas so sehr gekühlt werden muss, dass die Gesamtenergiebelastung vermutlich überhaupt nicht besser würde, andererseits ist der Schiffsbestand das große Problem. Die Schifffahrt weigerte sich in den letzten Jahrzehnten wehement gegen neue Vorschriften. In gewissen Umweltzonen muss Schiffsdiesel verwendet werden, diese befinden sich hauptsächlich in der Nähe Europas und der USA. Die Verwendung ist also möglich und wird auf offener See nicht gewählt, weil Schweröl schlicht billiger ist.

Die gesetzlichen Vorschriften entwickeln sich zu langsam. Städte und Länder, wo die Schiffe an Land gehen, wollen nicht die einzigen mit strengen Vorschriften sein (z.B. verpflichtender Anschluss an die Landstromanlage), weil diese Destinationen sonst vielleicht einfach gemieden werden. Die Schifffahrt selbst hat erwiesenermaßen überhaupt kein Interesse an umweltfreundlicheren Gesetzen und Vorschriften, da die meist in der Umsetzung Geld kosten.

Was wir tun können: Verdammt nochmal nicht mit dem Kreuzfahrtschiff fahren und Menschen in unserem Umfeld, die das tun wollen, informieren. Transportschiffe sind dann nochmal ein anderes (bzw. sehr ähnlich schreckliches) Thema, aber dem nehmen wir uns ein andermal an!

 

 

Es fällt mir so schwer die Fact Fridays einigermaßen kurz zu halten. Nächstes Mal schaffe ich es wieder kürzer, versprochen!! Happy Weekend.

 

 

Aktuelle News: Dreckschleuder-Kapitän muss 100.000-Euro Strafe zahlen.

Quellen: ZDF, Süddeutsche, Nabu, Utopia, Spiegel, SRF

Previous Post Next Post

You Might Also Like

4 Comments

  • Reply Alma 15. Dezember 2018 at 9:34 pm

    Hallo Justine,
    Danke für diesen Beitrag. Eigentlich ist ja im allgemeinen bekannt, dass Kreuzfahrtschiffe „nicht gut“ sind. Aber leider gibt es viel zu wenige Leute die wissen, wie schlimm diese Schiffe tatsächlich sind und was sie alles anrichten! Dein Beitrag ist wirklich informativ und ich finde ihn auch nicht zu lang 🙂

    Eines aber noch: Ich würde mir wünschen, dass du die Quellen, auf die sich deine Aussagen stützen, direkt unten verlinkst. Das ist transparenter und regt auch an, weiter zu lesen und sich mit dem Thema weiter auseinander zu setzten.
    Dieser Artikel ist im Grunde journalistische Arbeit, auch wenn du „nur“ Bloggerin bist. Daher finde ich es wichtig, dass man gut nachvollziehen kann, woher du deine Informationen für die Artikel beziehst.

    Mir gefällt dein Blog sehr, weiter so!
    Alma

    • Reply Justine 19. Dezember 2018 at 1:42 pm

      Hi liebe Alma, danke dir für dein Feedback! 🙂
      Oh ja, das sollte ich besser umsetzen. Das fiel mir schon in der Schule schwer :-O Aber ich werde mich auf jeden Fall bemühen.
      Alles Liebe & Merry Christmas, Justine

  • Reply Ursula 14. Dezember 2018 at 1:43 pm

    Liebe Justine, als 73 jährige gehöre ich zu Deiner Grossmutter- oder Urgrossmuttergeneration. Aus dieser Perspektive schaue ich auf Deine sehr wertvollen Beiträge und möchte Dir heute sagen: alle Achtung. Alle Achtung all den jungen Leuten die sich ebenso FÜR unser Erdenleben einsetzen auf eine Art und Weise, die vielleicht ein Weiterleben auf diesem wunderbaren Planeten möglich macht, ein Weiterleben, das allen bekommt, so dass alle dieses Geschenk des Lebens auch erleben dürfen. Und deshalb Dir meinen allerherzlichsten Dank für Deinen riesigen Einsatz. Nur Mut und: Weiter so!

    • Reply Justine 19. Dezember 2018 at 1:40 pm

      Liebe Ursula, vielen Dank für deine lieben Worte, das bedeutet mir sooo viel!! Danke vielmals.
      Yes, wir machen weiter so. 🙂
      Hab eine wunderbare, entspannte Weihnachtszeit 🙂
      Alles Liebe & frohe Weihnachten,
      Justine

    Kommentar verfassen